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Reinigung der Faser

Bei Untersuchungen der Oberfläche der P120-Faser mittels Rasterelektronen-, Rasterkraft- und Rastertunnelmikroskopie (siehe Kapitel 3.3.1-3.3.3) wurden nur unscharfe Aufnahmen erhalten, die für eine Kohlenstoffaser untypisch sind [28,35,72]. Außerdem sind mittels Rasterelektronenmikroskopie auf der Faseroberfläche Bereiche mit schwarzen Flecken zu erkennen (siehe Kapitel 3.3.1). Daraus mußte gefolgert werden, daß die Faseroberfläche entgegen den Angaben des Herstellers verunreinigt oder sogar geschlichtet ist.

Reinigung TG
Abbildung 6: Relativer Masseverlust der P120-Faser in Abhängigkeit von der Temperatur für verschiedene Reinigungen; dT/dt =0,3 K/min; (1) P120; (2) P120 im Ultra-Hoch-Vakuum ausgeheizt; (3) P120 mit Wasser extrahiert; (4) P120 mit NMP extrahiert; (5) P120 mit Dichlormethan extrahiert (P120*).

Es wurden Versuche zur Reinigung der Faseroberfläche mittels Extraktion mit verschiedenen Lösungsmitteln durchgeführt. Das Ergebnis der Reinigung wurde mit Hilfe von Oxidationsstudien und der Bestimmung von Oberflächengruppen mittels Electron Spectroscopy for Chemical Analysis untersucht.

Die Oxidationsuntersuchungen wurden in einer Thermowaage bei konstantem Temperaturanstieg von 0,3K/min durchgeführt. Die Ergebnisse sind in Abbildung 6 dargestellt. Sie zeigt die relative Massenänderung in Abhängigkeit von der Temperatur.

Das Ausheizen im Ultra-Hoch-Vakuum (UHV) und die Extraktion mit Wasser haben keinen signifikanten Effekt auf die Reaktivität der Faser. Die größte Änderung der Reaktivität und des Sauerstoffgehaltes der Faser wird mit Dichlormethan als Lösungsmittel erreicht. Es ist überraschend, daß bei dieser Extraktion die Temperatur der beginnenden Faseroxidation um mehr als 60K zu tieferen Temperaturen verschoben wird. Damit ist ausgeschlossen, daß es sich bei der Verunreinigung um eine rein organische Substanz handelt.

Außerdem wurden die gereinigten Fasern mittels Electron Spectroscopy for Chemical Analysis untersucht (Abbildung 7). Die Auswertung erfolgte wie in Kapitel 2.3.5.3 beschrieben.

Reinigung ESCA
Abbildung 7: O1s:C1s-Verhältnis aus den ESCA-Untersuchungen der P120-Faser in Abhängigkeit von der Reinigungsmethode (1) P120; (2) P120 im UHV ausgeheizt; (3) P120 mit Wasser extrahiert; (4) P120 mit NMP extrahiert; (5) P120 mit CH2Cl2 extrahiert (P120*).

Bei der extraktiven Reinigung mit verschiedenen Lösungsmitteln hat Wasser mit einem O1s:C1s-Verhältnis von 0,097 den kleinsten und Dichlormethan mit einem O1s:C1s-Verhältnis von 0,0482 den größten Effekt auf das O1s:C1s-Verhältnis. Dadurch werden die Ergebnisse der Oxidationsstudien bestätigt.

Ein genaueres Bild liefert die Darstellung der Einzelergebnisse der C1s-Peakzerlegung, die in Tabelle 5 dargestellt sind. Da durch die O1s-Peakzerlegung nur die Carbonyl- bzw. Hydroxylgruppen erfaßt werden können und die Aussage dieses Verhältnisses keine neuen Erkenntnisse ergibt, wurde auf die Darstellung der Ergebnisse der O1s-Peakzerlegung verzichtet.

Tabelle 5: Ergebnisse der Peakzerlegung der ESCA-Spektren für verschiedene Reinigungsmethoden (siehe Abbildung 7).
Faserbehandlung O$_{1s}$:\,C$_{1s}$ C$_{ar}$,\,\% C$_{alk}$,\,\% COR,\,\% R$_2$C=O,\,\% COOR,\,\%
1 0,1557 51,76 27,40 2,64 4,79 3,41
2 0,1027 63,48 23,22 8,05 4,20 1,04
3 0,0970 64,57 8,21 19,54 4,75 2,93
4 0,0862 46,25 19,57 27,33 3,70 3,15
5 0,0482 76,36 9,15 11,31 3,18 0,00

Anhand der in Tabelle 5 dargestellten Ergebnisse kann man erkennen, daß die Extraktion mit Dichlormethan zu einer Zunahme der Konzentration an aromatischen und zu einer Abnahme der Konzentration von aliphatischen Oberflächengruppen führt. Aus dem Ergebnis läßt sich ableiten, daß die Verunreinigung der Faser aliphatische Bestandteile enthält. Präparative Extraktionsversuche mit Dichlormethan wurden mit Ansätzen von bis zu 50g Faser durchgeführt. Beim Eindampfen des Lösungsmittels wurde in keinem Fall ein Rückstand erhalten. Der aliphatische Anteil und die Oxidationsinhibierung durch die Verunreinigung könnten auf ein Polysiloxan hinweisen, welches vom Hersteller zur besseren Handhabung der Fasern eingesetzt wird. Hierdurch ließe sich die starke Inhibierung der Oxidation erklären. Die Tatsache, daß kein Destillationsrückstand erhalten werden konnte, ist kein Widerspruch zu dieser Vermutung, da ein Siloxan bei der Verdampfung des Lösungsmittels mit der Oberfläche des Glaskolbens reagieren kann.

Sämtliche Versuche, mit spektroskopischen Methoden die Verunreinigung nachzuweisen, waren mit Ausnahme der Electron Spectroscopy for Chemical Analysis (Abnahme des aliphatischen Anteils durch die Reinigung) nicht erfolgreich.


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