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Einleitung

Kohlenstoffasern werden hauptsächlich für die Verstärkung von Polymeren verwendet. Diese Verbundwerkstoffe basieren zu etwa 90% auf HT- (high tenacity) Kohlenstoffasern und Epoxidharz als Matrix. Anderen Kohlenstoffaserarten ( IM=intermediate modulus fibers;  HM=high modulus fibers; UHM=ultra high modulus fibers) wird ein stetig wachsender Marktanteil zugeschrieben. Mit diesen Fasern können Verbundwerkstoffe mit hoher Steifigkeit hergestellt werden, was sie für Spezialanwendungen interessant werden läßt.

Das Anwendungsspektrum von kohlenstoffaserverstärkten Polymeren, die zu den Hochleistungsverbundwerkstoffen gezählt werden, erstreckt sich von der Sportartikelindustrie über den Flugzeug- und Automobilbau bis hin zur Militär- und Medizintechnik. Die außergewöhnlichen Eigenschaften von kohlenstoffaserverstärkten Polymeren sind unter anderem die hohe Festigkeit und Steifigkeit bei niedriger Dichte [1-4]. Weitere Vorteile dieser Werkstoffe sind die hohe Korrosionsbeständigkeit, das gute Dämpfungsverhalten sowie die hohe Formstabilität.

Um bei den kohlenstoffaserverstärkten Verbundwerkstoffen die Fasereigenschaften optimal ausnutzen zu können, ist eine maximale Haftung der Polymermatrix an der Kohlenstoffaseroberfläche erforderlich. Nur in diesem Fall können die auf die Matrix einwirkenden Kräfte auf die Faser optimal übertragen werden [1].

Als Ursachen der Haftung werden mechanische Verzahnungen und chemische Wechselwirkungen, d. h. Säure-Base-Wechselwirkungen und chemische Bindungen diskutiert [2, 5]. Der Beitrag der mechanischen Verzahnung zur Haftung ist schwer abschätzbar. Er steigt in jedem Fall mit der Rauhigkeit der Faseroberfläche an. Diese Rauhigkeit impliziert eine vergrößerte Oberfläche, die auch die chemischen Wechselwirkungen begünstigt. In früheren Arbeiten wurde gezeigt, daß optimale mechanische Eigenschaften des Verbundkörpers dann erreicht werden, wenn die Adhäsionsenergie in der Grenzfläche zwischen Faseroberfläche und Matrix die Kohäsionsenergie der Polymermatrix übersteigt [3, 6-11].

Die chemischen Wechselwirkungen basieren hauptsächlich auf sauerstoffhaltigen, funktionellen Gruppen auf der Faseroberfläche. Diese sind als funktionelle Gruppen aus der organischen Chemie bekannt und besitzen dementsprechend die gleiche Reaktivität [3, 12-14]. Man unterscheidet zwischen neutralen und basischen Oberflächengruppen mit chinon- oder pyronartigen Strukturen, sowie sauren Hydroxyl- und Carboxylgruppen. Die chemischen Wechselwirkungen der Polymermatrix basieren im wesentlichen auf sauren Oberflächengruppen [3, 6, 7, 10, 11, 13-20]. Sie lassen sich durch eine Behandlung mit flüssigen Oxidationsmitteln wie Salpetersäure (HNO3), Wasserstoffperoxid (H2O2), Hummer's Reagenz (NaNO3, KMnO4, H2SO4) oder gasförmigen Oxidationsmitteln wie Sauerstoff auf der Kohlenstoffaseroberfläche erzeugen [3, 6, 10, 13-20]. Industriell wird zur Bildung von sauren Oberflächengruppen hauptsächlich die anodische Oxidation verwendet [3].

Die Erfolge dieser oxidativen Behandlungen sind durch die Anisotropie des Graphitgitters begrenzt [3, 21-24]. Defektfreie Graphenschichten sind gegen einen oxidativen Angriff weitgehend inert. Dieser erfolgt bevorzugt an Kanten und Fehlstellen der Graphenschichten. Aufgrund dieser Anisotropie der Reaktivität wird der Erfolg einer Oberflächenbehandlung maßgeblich durch die kristalline Perfektion bestimmt [3, 25-27].

Kohlenstoffasern werden aufgrund ihrer mechanischen Eigenschaften in folgende Typen eingeteilt:

1.
HT-Fasern (high tenacity fibers)
2.
IM-Fasern (intermediate modulus fibers)
3.
HM-Fasern (high modulus fibers)
4.
UHM-Fasern (ultra high modulus fibers)
Die kristalline Perfektion, und damit der Elastizitätsmodul, steigt in der Reihenfolge HT-, IM-, HM-, UHM-Kohlenstoffaser an. Ultra-Hochmodul-Kohlenstoffasern besitzen deshalb große, graphitische Bereiche mit wenigen Oberflächendefekten [3, 28]. Zudem wird die Kohlenstoffaseroberfläche durch Graphenschichten gebildet, die parallel zur Faseroberfläche verlaufen. Die voranstehend aufgeführten Oxidationsbehandlungen zur Erzeugung sauerstoffhaltiger funktioneller Gruppen auf der Faseroberfläche führen deshalb lediglich zur Ausdehnung der Oberflächendefekte und es gelingt somit nicht, eine gleichmäßige Belegung der Faseroberfläche mit funktionellen Gruppen zu erzeugen [29, 30].

Aus der Literatur ist bekannt, daß perfekte Graphenschichten mit Hilfe eines Plasmas oder einer katalysierten Oxidation angegriffen werden können [12, 21, 22, 28, 31-37]. Letzteres ist nur mit Hilfe eines geeigneten Katalysators möglich. Mit Silber lassen sich Punkt- und Liniendefekte, mit Eisen lediglich Punktdefekte erzeugen [33, 34]. In der vorliegenden Arbeit wurde das technisch relevantere Eisen als Katalysator untersucht.

Es ist offensichtlich, daß eine Erzeugung von homogen auf den Graphenschichten verteilten Punktdefekten nur gelingt, wenn der Katalysator zu Beginn der Reaktion entsprechend homogen verteilt auf der Faseroberfläche vorliegt. Bei Verwendung von wäßrigen Salzlösungen, wie z. B. Eisennitratlösungen, kann eine derartige Verteilung nicht erwartet werden, da die Adsorption dieser Salze bevorzugt an Defektstellen erfolgt. Aus diesem Grund wurde als Katalysatorausgangsstoff Ferrocen verwendet. Von diesem wurde angenommen, daß es mit dem PI-System der Graphenschichten wechselwirkt und somit nicht bevorzugt an Fehlstellen adsorbiert wird. Dadurch sollte eine homogene Verteilung von Ferrocen auf der Faseroberfläche möglich sein. Ferrocen wurde auf die Faseroberfläche durch Imprägnieren mit Lösungen aus organischen Lösungsmitteln aufgebracht.

Die Auswahl des Lösungsmittels erfolgte unter Berücksichtigung seiner Polarität und seines Siedepunktes. Als schwach polares Lösungsmittel mit niedrigem Siedepunkt wurde Dichlormethan verwendet, als dipolar aprotisches Lösungsmittel mit basischem Charakter und hohem Siedepunkt 1-Methyl-pyrrolidin-2-on (NMP). Aufgrund des basischen Charakters konnte erwartet werden, daß NMP an Fehlstellen mit saurem Charakter adsorbiert und somit eine Adsorption von Ferrocen an diesen Stellen behindert.

Das auf die Faseroberfläche aufgebrachte Ferrocen wurde mit Sauerstoff bzw. mit einem Ozon-Sauerstoffgemisch oxidiert, wodurch neue Fehlstellen gebildet wurden. Diese katalysierte Oxidation der Faser wurde in einer Mikro-Thermowaage sowohl mit konstantem Temperaturanstieg als auch bei verschiedenen konstanten Temperaturen untersucht.

Zur Charakterisierung der Oberflächenstruktur im µm- und nm-Bereich vor und nach einer Oxidation wurde die Rasterelektronenmikroskopie (REM), die Rasterkraftmikroskopie (AFM) und die Rastertunnelmikroskopie (STM) verwendet. Die chemischen Veränderungen der Faseroberfläche vor und nach einer Oxidation wurden mit Hilfe der Röntgen-Photoelektronen-Spektroskopie (XPS) in Form der Electron Spectroscopy for Chemical Analysis (ESCA), der Auger-Photoelektronen-Spektroskopie (AES) und der Messung von Adhäsionsarbeiten über die Bestimmung von Kontaktwinkeln (CAM, Contact Angle Measurement) nach Wilhelmy untersucht. Die Wirkung der katalysierten Oxidation auf die Faser-Matrix-Haftung wurde durch die Untersuchung von Monofilamentverbundkörpern aus Polycarbonat (Hochtemperaturthermoplast) als Matrixpolymer bestimmt. Dieses Polymer ist durchsichtig, so daß sich mit einem Auflichtmikroskop bei Betrachtung mit polarisiertem Licht die Spannungsverläufe identifizieren lassen. Als Maß für die Faser-Matrix-Haftung kann der Abstand zwischen den auftretenden Spannungsspitzen auf der Faseroberfläche angenommen werden.


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